29.09.2005 | ETH Zürich
Herzlich Willkommen zum SATG – Vortragsabend mit Herr Prof. Dr. med. F. Walz zum Thema
Aktuelle Forschung der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik auf dem Gebiet der Sicherheit im Strassenverkehr
mit den Schwerpunktsthemen:
Fahrzeug – Fussgänger – Kollisionen
Insassenschutz bei Heckkollisionen
HWS-Verletzungen beim Heckanprall und Prävention
Schwere HWS-Verletzungen werden dank der Kopfstützen in heutigen Fahrzeugen meist vermieden. So genannte ‚leichte HWS-Weichteilverletzungen‘ treten aber immer noch in einer bedeutenden Anzahl der Fälle auf. Messungen der Kopfstützengeometrie haben ergeben, dass in der Mehrzahl der heute zirkulierenden Fahrzeuge nur die Note ‚Akzeptabel‘ oder ‚Schlecht‘ verdienen. Ausserdem ist bekannt, dass sich die meisten Fahrzeuginsassen nicht um eine korrekte Einstellung der Kopfstütze kümmern. Verschiedene laufende und abgeschlossene Projekte der AGU befassen sich mit diesen Problemen. Ein ‚Sicherheitssitz‘, welcher neue Methoden zur Energieabsorption und auch eine automatisch (sensorgesteuert) positionierende Kopfstütze aufwies, wurde entwickelt. Weil die heute bestehenden Probleme zum Teil auch auf einen Mangel an allgemein akzeptierten Standards und Testprozeduren zurückzuführen sind, wurde unter Mitarbeit der AGU ein Vorschlag für ein Heckanprall-Testverfahren erarbeitet und in zahlreichen Schlittentests validiert.
Die genauen Verletzungsmechanismen, welche zu HWS-Weichteilverletzungen (oft ‚Schleudertrauma‘ genannt) führen, sind noch nicht vollständig bekannt. Wir betreiben deshalb auch Grundlagenforschung in diesem Gebiet, wobei die Untersuchung der Fluid-Struktur-Interaktionen in der HWS mit Hilfe von Computersimulationen im Vordergrund steht.
In letzter Zeit sind vermehrt Systeme auf den Markt gekommen, welche einen Schutz vor HWS-Verletzungen beim Heckanprall bieten sollen. Wir evaluieren solche Systeme und versuchen, durch die von uns entwickelte spezielle Sitzschiene einen Beitrag zum verbesserten Verletzungsschutz zu leisten.
Fahrzeug-Fussgänger-Kollisionen
Kollisionen zwischen Fahrzeugen und ungeschützten Verkehrsteilnehmern, d.h. Fussgänger und Zweiradfahrer, sind für ca. 10’000 Todesfälle pro Jahr in den Ländern der EU verantwortlich. Geschwindigkeitsbeschränkungen und andere Massnahmen haben diese Zahlen in der Vergangenheit zwar reduziert; obwohl aber seit den Siebzigerjahren verschiedene Forscher Verbesserungen an den Fahrzeugfronten vorgeschlagen haben, um deren Aggressivität zu mildern, sind bis heute die wenigsten Fahrzeuge unter Berücksichtigung der Fussgängersicherheit konstruiert worden.
Die EEVC-Arbeitsgruppen 10 and 17 haben einen Testvorschlag für Fahrzeugfronten entwickelt, welcher mit grosser Wahrscheinlichkeit in näherer Zukunft gesetzliche Bedeutung im Zulassungsverfahren für neue Automobile erlangen wird. Diverse Fragen sind jedoch noch offen, wie auch dem Schlussbericht der EEVC-Arbeitsgruppe 17, welcher 1999 veröffentlicht wurde, zu entnehmen ist. Demzufolge sollte die fahrzeugseitige Verbesserung der Fussgängersicherheit kontinuierlich weiterverfolgt werden, vor allem weil in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Diversifizierung in verschiedene Fahrzeugtypen und -formen entstanden ist, welche nicht in allen Punkten durch die Gesetzesvorschläge abgedeckt werden. Des Weiteren bestehen noch viele Wissenslücken im Bereich der Biomechanik und der Schutzkriterien für Kinder.
Die Arbeitsgruppe für Unfallmechanik war in verschiedenen Projekten der Fussgängersicherheit aktiv. Wir beschäftigen uns einerseits mit der Kinematik des Fussgängers nach dem Primäranprall an die Fahrzeugoberfläche. Vor allem bei modernen ‚monospace‘ Fahrzeugen kann eine unvorteilhafte Kinematik resultieren, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Kopfanprall auf die Strassenoberfläche führt. Dieses Verhalten kann sowohl bei Computersimulationen als auch bei Tests mit verschiedenen Dummies beobachtet werden. Durch den gegenwärtigen EEVC-Testvorschlag wird dies jedoch nicht abgedeckt, d.h. es wird nur der Primäranprall beachtet.
Andererseits bestehen bei den vorgeschlagenen EEVC-Testverfahren vor allem im Bereich Oberschenkel- und Hüftverletzungen noch einige Fragezeichen. Zusammen mit Industriepartnern sind wir dabei, aus Unfallstatistiken und Tests neue Erkenntnisse zu diesem Thema zu erarbeiten.
Weitergehende Infos siehe unter „www.agu.ch“